„Der Stadtteil Kalk ist für die Menschen auf dieser Rheinseite wie ein Magnet. Hier ist super viel los, es gibt viele Orte, an denen sich gerade junge Leute aufhalten. Wir drei machen hier Streetwork, das heißt, wir sind für alle Anliegen der Altersgruppe 14 bis 27 zuständig. Ein Thema gibt es nicht, wir unterstützen in allem, was so anliegt. Wie die Klient:innen ihren Weg zu uns finden, ist ganz unterschiedlich. Einerseits gibt es die klassische Ansprache: Da gehen wir einfach auf die Grüppchen zu und stellen uns vor. Dabei ist uns wichtig, dass wir nicht wie das Ordnungsamt auftreten, sondern den Jugendlichen ihren Raum lassen, den sie da gerade für sich definiert haben, und uns in dieser Situation als Gäste sehen. Wir erklären dann, was wir machen, und lassen unsere Kärtchen da. Andererseits erfolgt die Kontaktaufnahme mittlerweile oft über Instagram oder WhatsApp. Am schönsten finden wir es, wenn der Kontakt über bereits bestehende Kontakte zustande kommt. Das ist ein Zeichen, dass wir unsere Arbeit richtig machen.
Natürlich muss man erst mal Vertrauensarbeit machen. Wir sind jetzt seit sechs Monaten an einem bestimmten Ort unterwegs, haben da im Sommer Sitzgelegenheiten aufgestellt, Sportgeräte mitgebracht und mittlerweile findet sich da oft die gleiche Gruppe an Leuten zusammen. Man muss dann auch gar nicht immer nur über Probleme reden, sondern es geht einfach darum, Zeit miteinander zu verbringen, zu quatschen. Am besten funktioniert das eigentlich über gemeinsame Erlebnisse. Deswegen haben wir diese Siebdruck-Aktion gestartet. Wir sind mit einem Pavillon und den Designs auf die Straße gegangen, haben da Siebdruck angeboten und das ist richtig gut angekommen. Der eigene Ausdruck ist im Alter unserer Klient:innen extrem wichtig und wir geben ihnen damit eine Möglichkeit, das durch bestimmte Erlebnisse zu fördern. Der Kontakt wird dann über das gemeinsame positive Erlebnis aufgebaut. Das ist auch für uns schön, da die offensive Ansprache manchmal etwas hölzern ist, und die Arbeit so vielfältiger wird und einfach mehr Bock macht.“

Man hört ja oft, dass Kalk ein schwieriger Stadtteil ist, aber für viele Menschen ist das überhaupt nicht so, sondern für sie ist das hier ein sicherer Ort. Ein Ort, an dem sie sich geborgen und gut aufgehoben fühlen. Damit meinen wir nicht nur Menschen, die hier aufgewachsen sind, sondern auch die, die neu hier hinkommen. Ein vielfältiges Umfeld, wie man es hier findet, bietet die Möglichkeit, erst mal anzukommen und sich da selbst einzuordnen, ohne ständig gespiegelt zu bekommen, dass man ganz anders ist. Es kann eine Ressource sein, mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen, vielleicht auch mal in einem Laden einzukaufen, der nicht Rewe heißt. Vielen gibt das Sicherheit und ein Gefühl von Zuhause.
Wie überall ist hier und auch in unserer Arbeit Wohnen ein großes Thema. Durch drohende Wohnungslosigkeit wird ein existenzieller Stress ausgelöst, der eigentlich der rote Faden unserer Arbeit ist. Es sind oft unverschuldete Probleme, wegen derer die Menschen in existenzielle Notlagen geraten. Da wieder rauszukommen, ist sehr schwierig, da es zwar das soziale Netz gibt, aber die Angebote, die der Staat macht, oft viel zu komplex sind – selbst für Menschen, die diesen Stress nicht haben. Sie haben aber das Recht auf diese Leistungen und wir sind dann dafür da, den Leuten zu helfen, zu ihrem Recht zu kommen. Wir sehen da aber auch noch mehr Verantwortung beim Staat. Am Ende können wir so viel und so gut arbeiten, wie wir wollen, dadurch erhöhen sich die Sozialleistungen nicht, und dadurch werden auch nicht mehr Wohnungen gebaut.
Durch Corona und auch durch den Winter wird unsere Arbeit zusätzlich erschwert. Die aufsuchende Arbeit ist nun mal unser Hauptmerkmal und wenn es draußen kalt und dunkel ist, ist der Zugang sehr viel schwieriger. Deswegen haben wir unseren Bollerwagen zur mobilen Teeküche umfunktioniert und sind damit im Bürgerpark unterwegs. Neuerdings auch dabei: Ein leuchtender Fußball, mit dem man selbst im Dunkeln spielen kann. Das wird beides richtig gut angenommen und so verlieren wir auch in dieser schwierigen Zeit nicht den Kontakt zu den Jugendlichen.“
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