Herr Maier

Ich lebe zwar in Dünnwald, vom Gefühl her bin ich aber Mülheimer. Ich habe fast mein ganzes Leben auf der Schäl Sick verbracht, einen Großteil davon in Mülheim. Der Mülheimer Hafen war früher mein Revier, meine Spielwiese. Da vorne an der Ecke war eine Eisdiele, da habe ich mir als Kind für fünf Cent eine halbe Kugel Eis gekauft. Solche Erinnerungen bleiben. Durch meine Verbindung zum Wassersport und zur Kirchengemeinde hier bin ich noch stärker ans Veedel gebunden. So bin ich auch mit diesem Projekt mit der Lutherkirche in Kontakt gekommen. Die Kirchengemeinde ist auf mich zugekommen, um mich als Architekten zu fragen, wie man die Heizkosten reduzieren könnte. Da war der Turm noch ein Jugendzentrum. Ich habe sehr viel Freude daran gefunden, verschiedene Pläne für diesen Turm zu machen, zu überlegen, wie man ihn noch nutzen könnte. Und ich hatte Glück: Irgendwann war auch die Kirche daran interessiert, den Turm umzubauen, und wir konnten die Pläne in die Tat umsetzen.

Heute sind hier Büroräume, Wohnungen und auch wir als Architekten konnten mit unserem Büro einziehen. Es gibt gerade am Wochenende viel Passantenverkehr, was uns besonders freut. Ich bin froh, dass wir vorne kein Tor gebaut haben, sondern dass alles so offen gestaltet ist.
Mülheim ist ja im Krieg ziemlich unter die Räder gekommen und der Turm ist ein Symbol für diesen Schaden. Bei der Architektur haben wir drauf geachtet, dass man diese Narbe noch sieht, sodass der Turm auch ein Kriegsmahnmal ist. Die Schäden an Kirchen aus dem Krieg sind oft gleich: Die Hallen sind zu Bruch gegangen, Dächer abgebrannt, und das Helmdach, das meist aus Holz ist, ebenfalls. Was bleibt, ist der Turm.

Es gibt architektonisch einiges, was in Mülheim schiefgelaufen ist. Als Paradebeispiel wird ja immer der Wiener Platz genannt, den ich aber eigentlich gar nicht so schlecht finde. Das Problem ist nicht der Platz, sondern die Brücke. Die müsste woanders hin. Als sie gebaut wurde, hat die Stelle vielleicht Sinn gemacht. Der Verkehr ist hier aber mittlerweile so verdichtet, dass es keine Möglichkeit gibt, einen Fußgängerüberweg vom Wiener Platz zur Buchheimer Straße zu machen. Das würde die Hauptverkehrsader stören. Deswegen gibt es diese Unterführung und den Eingang zur U-Bahn, und daher kommt auch die Schräge des Platzes. Gemessen an den Alternativen ist das sicher die beste Lösung. Das Pflaster dagegen geht gar nicht und ist eine Frechheit gegenüber Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.

Auch beim Bauprojekt Mülheim Süd zeigt die Stadt Köln mal wieder in Perfektion, wie man es nicht machen soll. So ein attraktives Gelände, aber niemand baut dort. Und warum? Weil da nicht mehr nach dem besten Städtebau gefragt wird, sondern nach dem höchsten Preis. Und so wandert es von Investor zu Investor und nichts passiert.
Toll ist dagegen alles, was gerade im Schanzenviertel passiert. Wie die alten Hallen und Gebäude in Nutzung gebracht werden, das hat eine ganz eigene, ganz tolle Ästhetik. Wenn nun noch die Ecke an der Keupstraße bebaut wird, dann ist das eine schöne Verbindung – alt und neu, Kultur und Gewerbe, Gastronomie und Wohnungen. Das Viertel wird immer vielfältiger und größer – das finde ich persönlich und auch als Architekt sehr spannend.

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